Es greift ja in seiner Bezeichnung die unterschiedlichen Perspektiven auf, aus denen (zumeist) eine Führungskraft im Unternehmen Feedback erhält: Mitarbeitende, Kollegen, Führungskraft, ggf. Kunden. Daraus ergibt sich ein sehr umfassender, holistischerer Blick als bei einem reinen Führungsfeedback, das „nur“ von den Mitarbeitenden gegeben wird.
Und es richtet sich ganz allgemein gesprochen an den Feedbacknehmer, oft Führungskräfte – aber es können auch Projektmanager sein, Product Owner, you name it. Eben Mitarbeitende, die vom Unternehmen in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützt werden sollen … und wollen.
Du betonst jetzt so das „Wollen“ – warum?
Für uns ist bei diesem Instrument wichtig, dass die Menschen offen sind dafür und wirklich auch Feedback zu ihrem Verhalten haben wollen. Nur dann wird auch eine weitere Entwicklung der Persönlichkeit funktionieren. Ein 360° Feedback zu bekommen ist eine riesige Chance, aber ich muss die auch nehmen wollen.
Deshalb sind wir auch keine Fans davon, wenn das Instrument im Unternehmen verpflichtend eingeführt wird. Besser ist hier das Vorleben. Wenn ich sehe, dass meine Peers, meine Führungskraft und auch die Geschäftsführung dieses Instrument ganz selbstverständlich nutzen, dann erzeugt das einen Sog. Und Sog finden wir prinzipiell besser als Druck!
Dieses Produkt bieten ja auch viel größere Beratungsunternehmen an – was macht euch da besonders, denn die haben doch bestimmt viel mehr Erfahrung?
Da sprechen wir dann oft von standardisierten Tools, die hocheffizient und erprobt sind. Die Auswertungsberichte, die die Feedbacknehmer bekommen sind sehr umfassend und sicher valide – aber oft sind die Feedbacknehmer dann damit allein und die mögliche Entwicklung wird nicht nachhaltig. Aus unserer Sicht eine vertane Chance.
Wir bieten daher einen umfassenden Prozess an, bei der wir neben einem Coaching zu den Ergebnissen auch die Auswertung in Team- und/oder Kollegenworkshops begleiten. So entsteht für die Feedbacknehmer ein klares Bild und durch die geschaffene Transparenz auch ein nachhaltiger Entwicklungssog.
Und die Fragebögen selbst? Wie entstehen die?
Am liebsten in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Wir nehmen uns Kompetenzmodelle, Führungsleitlinien, Vereinbarungen zur Zusammenarbeit vor und verknüpfen sie auch mit einem Blick in die Zukunft (wo wollt ihr hin? Welches Verhalten wird erfolgreich sein? …). Auf der Basis leiten wir Kriterien ab, die wir dann mit konkreten Fragen operationalisieren. Am besten über die critical incidents-technique.
Und dann kommt die allseits beliebte Frage der Skala und der Benennung dieser Skala – immer wieder spannend!
Und ihr habt da ein eigenes online-Tool?
Ja, unser Feedback-Tool. Nachdem nie etwas, was wir einkaufen konnte, genauso war, wie wir uns das gewünscht haben, haben wir selbst eine Plattform gebaut, bei der wir alle Arten von Feedbackformaten abbilden können. Dabei passen wir natürlich die Fragen an die Kundenbedarfe an, aber auch das look & feel, den CI und vor allem den Prozess (wann wird wer befragt, erinnert, etc). Wir sind da also maximal flexibel und darauf sind wir mächtig stolz!
Und die gesamte Kommunikation läuft dann über diese Plattform. Alle Einladungen, Erinnerungen, Berichte, etc. Auch notwendige Erklärungen und Hinweise aus dem Unternehmen finden sich hier. Alles an einem Ort. Der übrigens auch gesichert ist – der Server befindet sich in einem zertifizierten deutschen Rechenzentrum. Somit ist der Datenschutz zu 100% gewährleistet.
Der Datenschutz, die Vertraulichkeit ist ja ein wichtiges Thema …
Ja, auf jeden Fall. Die Befragung ist ja anonym, also der Feedbacknehmer soll sich nicht mit der Frage beschäftigen „wer hat das geschrieben?“ sondern „was hat das mit mur zu tun?“. Und die Feedbackgeber sollen sich auch sicher fühlen, damit sie möglichst ehrlich antworten. Damit wir das zusichern können, läuft die Befragung auch auf unserem Server und die Auswertungsberichte werden auch nur dann automatisiert erstellt, wenn mehr als 3 Personen geantwortet haben. Andernfalls wäre das Prinzip Anonymität nicht zu gewährleisten.
Apropos „hohe Maßstäbe“ – gibt es auch Veränderungsprozesse, bei denen ihr nicht empfehlen würdet, interne Change-Begleiter*innen einzusetzen bzw. auszubilden?
Bei Personalabbau oder Restrukturierung würde ich eher nicht empfehlen, mit Internen zu arbeiten. Da muss man außerhalb des Systems stehen. Kulturentwicklungsprozesse und alle Veränderungen, die von innen heraus gestaltet werden können, stehen hier im Fokus.
Wieso eigentlich anonym? Sollten Menschen nicht in der Lage sein, sich offen Feedback geben zu können?
Das ist selbstverständlich das Ziel, das es zu erreichen gilt. Aber nicht in jedem Unternehmen ist die Feedback- und Fehlerkultur bereits so weit, dass sich Mitarbeitende wirklich sicher fühlen, wenn sie auch mal etwas unbequemes zurückmelden. Dann bekommen wir sozial erwünschte Antworten und damit ist ja niemandem geholfen.
Dennoch versuchen, wir die Chance zu nutzen, und die 360° Befragung nicht allein stehen zu lassen, sondern als Aufhänger für eine Verbesserung der Feedbackkultur zu nehmen. Das ist der Grund, warum uns kurze Auswertungs-Workshops mit den Mitarbeitenden und/oder Kolleg*innen so am Herzen liegen. Das hilft dann eben nicht nur dem Feedbacknehmer, sein Feedback besser zu verstehen, sondern es hilft auch dabei, im Unternehmen Feedback weiter zu etablieren.
Mal zusammenfassend – was hab ich eigentlich als Unternehmen von einem 360° Feedback? Warum sollte ich investieren?
Da gibt es aus unserer Sicht drei große Gründe:
- Heben des Potenzials: Der Abgleich von Fremdbild und Selbstbild führt bei den Feedbacknehmern zu einem klaren Blick auf ihre Entwicklungsfelder. Sie können ihre Kraft gezielter einsetzen und eigene Potenziale weiter entfalten. Daneben ist das Angebot eines solchen Instruments zur persönliche Weiterentwicklung auch eine empfundene Wertschätzung bei den Teilnehmenden. Das Unternehmen investiert in mich – das motiviert und verpflichtet gleichermaßen.
- Professionalisierung: Durch die gezielte Rückmeldung zu den ausgewählten Kriterien bekommen die Feedbacknehmer die Möglichkeit, ihr Verhalten zu verbessern bzw. Dinge auch abzustellen oder zu verstärken. Hier liegt übrigens auch der ideale Link zu Führungskräfteentwicklungsprogrammen! Wenn Teilnehmer bereits antreten mit Klarheit zu persönlichen Entwicklungsfeldern, beruflichen Herausforderungen und konkreten Fragen, dann wird ein Führungstraining umso effektiver in seinen Ergebnissen sein“
- Stärkung der Feedback- und Fehlerkultur: Es wird immer normaler, nicht „perfekt“ zu sein, sondern über Fehler, Herausforderungen, Entwicklungsfelder etc. offen zu sprechen. So entsteht Transparenz und dadurch die Chance, das Unternehmen noch besser zu steuern.
In unseren Projekten zum 360° Feedback haben wir es immer so vereinbart, dass die Ergebnisse aus der Befragung exklusiv beim Feedbacknehmer landen. Und das finden wir auch extrem wichtig. Es ist ja eben kein Instrument zur Leistungsbeurteilung sondern zur persönlichen Weiterentwicklung in einem freien und geschützten Raum.
Deshalb werden die Ergebnisberichte im ersten Schritt auch exklusiv mit dem Coach besprochen. Und eine Frage, die hier beantwortet wird, ist auch, wen der Feedbacknehmer in die weitere Entwicklung miteinbeziehen will. Das kann sein Team sein, um bestimmte Dinge nochmal besser zu verstehen und auch Vereinbarungen zu treffen, das kann seine Führungskraft oder auch die Personalabteilung sein, um zB konkrete Entwicklungsschritte zu besprechen.
Welche Voraussetzungen müssen denn gegeben sein, damit ein 360° Feedback gut eingeführt werden kann?
Wir brauchen vor allem eine klare Kommunikation und klare Spielregeln: warum machen wir das? Was sind Nutzen und Grenzen von Feedback? Do´s und Don´ts? Was passiert mit den Ergebnissen? Wie läuft der Prozess? … Und Raum für Fragen und Antworten. Eine Einführung wird dann erfolgreich sein, wenn die Leute abgeholt worden sind und den Sinn verstanden haben.
Und wir brauchen schon eine einigermaßen gesunde Feedbackkultur. Zumindest soweit, dass das Instrument nicht dazu benutzt wird, jemandem anonym etwas reinzuwürgen, ihn zu verletzen und schmutzige Wäsche zu waschen. Würden wir solche Tendenzen in der Unternehmenskultur wahrnehmen, dann würden wir zunächst andere Entwicklungsschritte empfehlen.
Und was sagen denn die Teilnehmer so?
Das ist spannend, denn wenn sie von bestimmten Feedbacks überrascht worden sind, dann brauchen sie ihre Zeit, um zu verstehen, zu akzeptieren und zu entscheiden, wie sie damit umgehen. Hier ist ein Coach definitiv wichtig. Und nachdem dann die Team- und/oder Kollegen-Workshops stattgefunden haben – die sind übrigens nicht lang! Maximal 3 Stunden – verfestigen sich Erkenntnisse, entsteht ein persönliches Bild der Entwicklung und leuchtende Augen. Es geht voran und das motiviert ungemein. Selbst wenn es am Anfang vielleicht auch schwer war, als negativ empfundene Feedbacks zu akzeptieren.
Ganz häufig haben wir auch die Rückmeldung, dass Dinge aufgedeckt und damit bearbeitbar gemacht worden sind, die der Feedbacknehmer sich schon länger gedacht hat. Dann haben wir Klarheit und Orientierung erzeugt.
Und dann sind da noch die, die positives Feedback so gar nicht annehmen können … auch da ist viel zu bewegen. Sich selbst annehmen und nicht immer wieder in eine Abwertung gehen zu wollen, ist oft gar nicht so einfach, wie es scheinen möchte.