Hallo Jens, Ich dachte os macht Personalentwicklung. Es wäre doch wohl etwas zynisch, „Personalabbau“ als Personalentwicklung zu betrachten, oder?
Jens: Personalabbau ist negativ besetzt, das stimmt. Dabei zeigt sich besonders in solchen schwierigen Phasen die Kultur eines Unternehmens, z.B. im Umgang mit den vom Personalabbau betroffenen Personen. Wir betrachten Personalabbau als ein wichtiges Element der Personalentwicklung. Auch auf dem Weg hinaus, hat das Unternehmen eine hohe Verantwortung. Außerdem betrifft eine so einschneidende, intensive Veränderung alle Mitarbeiter*innen, nicht nur die direkt vom Personalabbau betroffenen. Die Angebote für die Begleitung von Personalabbau beziehen sich meistens auf die juristischen Aspekte und auf die Gründung von Transfergesellschaften. Unser Fokus ist anders: Personalabbau ist eine Belastung und zugleich ein Chance für ein System. Negative Emotionen, Gerüchte, Lagerbildung und Feindbilder können die Unternehmenskultur sehr nachhaltig beschädigen. Das strahlt auch nach außen: die Arbeitgeberattraktivität kann hier schon enorm leiden. Jeder der das Unternehmen verlässt ist auch ein Multiplikator für das Image des Unternehmens. Wenn Personalabbau aber fair, transparent und offen gestaltet wird, kann das auch langfristig positiv wirken. Es geht eben nicht nur um eine schnelle Exekution einer rationalen Entscheidung, sondern vor allem darum, die Menschen und ihre Emotionen als Kern der Begleitung des Personalabbaus zu verstehen. Diese Menschen haben ja in der Vergangenheit zum Unternehmenserfolg beigetragen. Sie verdienen eine respektvolle Behandlung.
Was macht ihr denn konkret? Welche Formate gibt es?
Jens: Es ist wichtig, den gesamten Prozess des Personalabbaus anzusehen und Beratungs-, Coaching- und Qualifizierungsformate kundenspezifisch zu kombinieren. Vor dem Personalabbau sollte im MT und auch mit dem BR diskutiert werden, wie ein wertschätzender Personalabbau überhaupt aussieht. Dann geht es auch um Qualifikation. Ein Beispiel ist unser Trainingsformat für Führungskräfte zum Führen von Trennungsgesprächen, aber auch das Schärfen des Verständnisses für den Verlauf von Change Prozessen kann in Workshops und Trainings vermittelt werden. Im Personalabbau geht es vor allem um die Begleitung und das Coaching der direkt Betroffenen, also z.B. um die Verarbeitung der Trennungsbotschaft, neue Orientierung, die Identifikation persönlicher Stärken, etc.
Wir bilden auch interne Change Begleiter aus, die in solchen Prozessen wichtige Aufgaben z.B. bei der Information und Beratung für die Neuorientierung übernehmen können. Dabei muss allerdings immer beachtet werden, dass Interne Teil des Systems sind. Im Outplacement Kontext zu arbeiten kann für interne Mitarbeiter*innen stigmatisierend sein. Da muss sehr genau geschaut werden, wie sich Interne und externe Berater*innen die Arbeit aufteilen.
Für die Teams, die Mitarbeiter*innen durch Personalabbau verlieren, sich also nach dem Personalabbau neu finden müssen, haben wir ein spezifisches Format, dass weit mehr anbietet als nur die fachlich-strukturelle Neuaufstellung. Personalabbau erzeugt auch immer viele Ängste und Emotionen, die wir in diesem Workshop bearbeiten.
Schwierige Frage: was ist denn euer wichtigster Erfolgsindikator bei dem Thema?
Jens: Tatsächlich gibt es Indikatoren, die sich allerdings abgrenzen von Indikatoren wie Umsetzungsgeschwindigkeit. Wir messen in diesen Prozessen, z.B. die Akzeptanz von Personalabbau-Entscheidungen, die Anzahl der Klagen, die Zuversicht, Stimmung und Motivation – eben eher die emotionale Wirkung unserer Begleitung. Abseits der Messungen schaffen wir Plattformen, wie z.B. Dialogrunden, auf denen sehr offen diskutiert werden kann und die über Voting-Tools evaluiert werden können.
Ein Spezialfall in Eurem Angebot ist die Begleitung von „freiwilligem Personalabbau“. Das klingt ziemlich unrealistisch. Wer geht denn schon freiwillig?
Jens: : …ist aber ein Riesenthema für viele Unternehmen, die z.B. Beamte beschäftigen oder Personalabbau über attraktive Ausstiegsmodelle, wie z.B. Abfindungen oder Altersmodelle gestalten wollen. Das ist eine komplett andere Situation. Es geht hier eben nicht darum, eine durch das Unternehmen gefällte Entscheidung umzusetzen, sondern auf freiwilliger Ebene über Möglichkeiten des Jobwechsels oder des Ausstiegs zu sprechen. Da geht es dann vor allem um Zukunftsperspektiven, persönliche Motive und Lebensplanung – eine sehr individuelle Begleitung und Beratung die viele Coaching-Elemente hat. Übrigens: 50% unserer Aufträge im Personalabbau finden im Rahmen von freiwilligem Personalabbau statt. Wir haben hier knapp 20 Jahre Erfahrung vor allem mit Unternehmen, die Beamte beschäftigen oder langjährige Beschäftigungssicherung vereinbart haben.
Gibt es Kundenstimmen? Was sagen Kunden, die sich im Personalabbau von offstandards begleiten lassen?
Jens: Von Personalabbau direkt betroffene Mitarbeiter*innen schätzen die Möglichkeit, sich ohne Druck neu zu orientieren und daß sie in uns eine neutrale Begleitung haben, die nicht von der raschen Realisierung der Kosteneinsparungen getrieben wird. Eine erfolgreiche Beratung im Personalabbau funktioniert nur über Glaubwürdigkeit und Offenheit. Die Kunden-Feedbacks bestätigen, dass wir hier große Stärken haben.
Aus den Trainings mit Führungskräften zur Vorbereitung auf ihre Rolle im Personalabbau erinnere ich mich immer wieder an ein Feedback eines Teilnehmers. Er kam nach dem Training zu mir, bedankte sich für den Tag und sagte: „ Ich habe meinen Führungsjob jetzt in allen Facetten verstanden. Auch Trennungsgespräche gehören dazu. Und ich habe mich deshalb entschieden, keine Führungskraft mehr zu sein“. Er hat sich dann für eine Fachkarriere entschieden. Bei aller Betroffenheit hat mich dieses Feedback sehr gefreut. Mehr kann ein Training nicht leisten.
Was ist das Besondere an den Trainer/Berater*innen, die dieses Produkt umsetzen?
Jens: Wir haben hier ein sehr erfahrenes Berater*innen- und Trainer*innen-Team. Diese Arbeit ist nichts für Einsteiger. Wenn wir in Personalabbau-Projekte integriert werden, finden wir oft eine aufgeladene, polarisierte Atmosphäre vor. Es braucht dann schon viel Erfahrung und ein sehr klares Rollenverständnis, um in so einer Situation wirksam werden zu können. In den größeren Projekten sorgen wir durch entsprechende Projektstrukturen bei offstandards für einen intensiven Austausch unter den Berater*innen. Dazu gehört z.B. auch die gemeinsame Supervision.
Welche Voraussetzungen braucht es beim Kunden, damit eure Unterstützung optimal wirken kann?
Jens: Der Kunde sollte in uns nicht den Erfüllungsgehilfen sehen, der mit subtilen Methoden Kosteneinsparungen ermöglicht. Es muss klar sein, dass Personalabbau eine Investition in Menschen ist, die zukünftig nicht mehr zur Firma gehören. Wir stoßen da manchmal auf eine sehr kurzfristige, effizienzorientierte Sichtweise. Deswegen ist eine intensive Auftragsklärung gerade bei Personalabbau-Projekten enorm wichtig. Natürlich ist auch das Timing unserer Integration erfolgsentscheidend. Je frühzeitiger wir an Bord sind, desto glaubwürdiger können wir auch agieren. Wenn wir als „Feuerwehr“ oder „Feigenblatt“ geholt werden, wird es sehr schwierig. Es gibt auch Anfragen, die sich nur auf die Durchführung von Trennungsgesprächen durch unsere Berater*innen beziehen. Dazu haben wir eine klare Position: wir machen keine „Führungsersatzleistungen“, weil wir fest davon überzeugt sind, dass das die Unternehmenskultur nachhaltig beschädigen würde. Die Chance, sich in einer kritischen Situation als Unternehmen, Führungskraft und Mitarbeiter*in weiterzuentwickeln wäre dann vertan.
Danke Jens.